Spielszenen aus dem Leben des Heiligen Martin

1. Szene: Martins Jugend

Sprecher: Martin wird im Jahr 316 nach Christus in Ungarn geboren. Sein Vater ist römisch Soldat und späterer Offizier in der Armee des römischen Kaisers. Der junge Martin wächst in Pavia auf, einer Stadt in Italien.

Mit etwa 12 Jahren lernt Martin Christen kennen. Immer häufiger ist er mit ihnen zusammen.

Eines Tages kommt es zu einem Gespräch mit seinem Vater:

Martinus: Ich bin jetzt schon einige Jahre mit christlichen Freunden zusammen. Ich habe viel von ihnen über Jesus Christus gelernt und von Gott seinem Vater. Ich merke, dass er immer wichtiger für mein Leben wird.

Vater: Hör mal zu! Die Christen haben dir den Kopf verdreht! Jupiter, Mars und unsere anderen römischen Götter sind wichtig! Du wirst jetzt erst einmal Soldat und Reiter in der kaiserlichen Garde. Da werden dir solche Flausen vergehen.

Martinus: Nein, ich will nicht Soldat werden. Ich möchte mich taufen lassen und als Christ leben.

Vater: So ein Unsinn, sich taufen zu lassen. Christ zu werden. Du wirst Mars dienen, dem Kriegsgott. Schließlich haben wir dich nach ihm benannt: Martinus, kleiner Mars. Außerdem sind die Zeiten unruhig, und der Kaiser braucht Soldaten. Mein Sohn ist kein Drückeberger!

Martinus: Ich möchte trotzdem kein Soldat werden. Die Christen sagen: Du sollst nicht töten! Sie sagen, gut leben können wir nur, wenn wir uns gegenseitig achten und lieben.

Vater: Pah, Liebe und so, Weiberkram, du bist ein Mann. Du wirst kämpfen. Du gehst in die kaiserliche Garde!

Sprecher: Martin konnte sich nicht weiter wehren. Er wurde Soldat – Reiter in der Garde des römischen Kaisers. Aus dieser Zeit wird von Martin berichtet, dass er ein sehr freundlicher Kamerad war, immer bereit, anderen zu helfen.

2. Szene: Die Mantelteilung am Stadttor von Amiens

Sprecher: Martin – er ist jetzt 18 Jahre alt – wird von der römischen Armee in die Stadt Amiens geschickt.

Es ist Winter – ein sehr kalter Winter.

Eines Abends kommt Martin mit einem anderen Soldaten von einem Ausritt in die Stadt zurück. Vor dem Stadttor müssen sie kurz warten...

Soldat: He, Martin, weißt du noch, als wir in der Stadt ankamen und alle Leute sich duckten, soviel Angst hatten sie vor uns, den besten Soldaten des Kaisers?

Immer diese Bettler. Sollen `was arbeiten, dann brauchen sie nicht zu betteln.

Schau dir den mal an: Der hat nicht `mal was Richtiges zum Anziehen!

Selber schuld.

Martin: So kalt ist es, er erfriert doch noch in dieser Nacht, wenn ihm niemand hilft!

Soldat: Na und, ein Bettler weniger. Wen stört das schon?

Martin: He, Torwache! Macht das Tor auf! (zum Bettler): Komm mit in die Stadt, hier draußen erfrierst du ja bei diesem kalten Wind. (Er reißt und schneidet seinen weiten Mantel durch und gibt dem Bettler die Hälfte)

Da hast du die Hälfte von meinem Mantel!

Soldat: He, was schneidest du denn da? Bist du verrückt? Mit deinem halben Mantel siehst du total bescheuert aus. Heute Nacht wirst du aber frieren. Das ist doch deine Schlafdecke. Wenn das `mal keinen Ärger gibt...

Sprecher: Es gab Ärger. Die Kameraden haben Martin wochenlang ausgelacht. Und er wurde bestraft, weil er den Mantel unbrauchbar gemacht hatte – denn der Mantel gehörte dem Kaiser, wie alles in der römischen Armee. Und als Decke und Regenschutz war er jetzt nicht mehr richtig zu gebrauchen.

3. Szene: Martin wird Bischof

Sprecher: Noch zwei weitere Jahre bleibt Martin Soldat. Dann verlässt er die Armee des Kaisers. Danach lebt er mit Freunden zusammen in einem Kloster, mitten in Frankrecht. Martin betet, predigt in den Dörfern und kümmert sich um Kranke. Die Menschen lieben ihn. Als der Bischof von Tours stirbt, wählen sie Martin zum neuen Bischof. Auch als Bischof bleibt Martin, wie er war. Er trägt weiter die Mönchskutte – und kein prächtiges Bischofsgewand. Er lebt meistens in seinem Kloster – nicht im Bischofspalast. Und er geht weiter zu den einfachen Leuten, zu den Armen. Er redet mit ihnen und hilft ihnen, wo er kann. Einen solchen Bischof können viele nicht verstehen.

Martin: He, Bauer, was ist los? Dein Vieh auf der Weide sieht so gesund und rund aus, und du? Ich seh´ doch, dass es dir schlecht geht!

Bauer: Ach, Herr Bischof, wissen Sie das denn nicht? Hier in der Gegend gehören alle Äcker und Weiden einem Besitzer. Und dem müssen wir so viel von unserer Ernte abgeben, dass wir selber hungern.

Martin: Das darf doch nicht wahr sein! Ihr alle – sogar deine Kinder – müsst hart arbeiten, und trotzdem habt ihr nicht genug zu essen? Das muß sich ändern!

Sprecher: Noch am selben Tag ging Martin zum Besitzer dieser Ländereien. Weil Martin Bischof war, hörte der Mann ihn an. Martin erklärte ihm, wie ungerecht es ist, dass der arme Bauer und seine Familie hungern  müssen, nur weil er so viel Geld von ihnen verlangt. Der Landbesitzer fühlte sich ertappt und wurde einsichtig. Von diesem Tag an musste der Bauer nicht mehr so viel bezahlen, und seine Familie und er hatten genug zu essen.

Entnommen: „Erinnern hilft Leben gestalten“, herausgegeben von Christiane Kubitzki und anderen, Erfurt 1997

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