Martin von Tours Tod
Der Tod erreichte Martin auf einer seiner Seelsorgereisen. Am 8. November 397, im Alter von etwa 81 Jahren, starb Martin in Candes. Er wurde am 11. November in Tours unter ungeheurer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.
Die große Bedeutung Martins verdeutlicht eine in der „Legenda aurea” berichtete Begebenheit: An einem Sonntag hörte der Kölner Bischof Severin (um 397) die Engel im Himmel singen. Er rief seinen Erzdekan und fragte ihn, ob er etwas höre. Doch dieser verneinte. Darauf drängte ihn der Bischof, noch einmal genau hinzuhören. Dann bestätigte der Erzdekan, er höre Stimmen im Himmel. Darauf sagte Bischof Severin: Es ist der Herr Martin, der aus der Welt geschieden ist, und die Engel tragen ihn jetzt zum Himmel. Der Erzdiakon aber merkte sich Tag und Stunde und erfuhr tatsächlich später, dass Sankt Martin zu dieser Stunde aus der Welt verschieden war.
Nicht wie sonst üblich der Todestag, sondern der Tag der Beisetzung Martins in Tours wurde schon bald in der ganzen Kirche als hoher Festtag begangen. Martin erwarb in der Meinung des breiten Kirchenvolkes als einer der ersten Heiligen die „sanctitas” durch das unblutige Martyrium der Askese („martyrium sine cruore”) und durch charismatische Wunderkraft. Ohne in der erst später üblichen Form eigens kanonisiert zu werden, wurde Martin im offiziellen Kult der Kirche verehrt. Nicht mehr ein Märtyrertod, sondern sein Leben und Wirken begründeten seine Einordnung als Bekenner. Das Leben eines Confessors galt als unblutiges Martyrium, der Bekenner als „martyr ex voto”. Weil in nachkonstantinischer Zeit das Blutzeugnis für Christus nicht mehr erforderlich war, wurde die durch Martin geprägte Verbindung von asketischem Mönchsideal, Gerechtigkeitssinn und apostolischer Weltzugewandtheit zum Ideal eines lebenslänglichen christlichen Totaleinsatzes.
Das Grab, über dem sich im 5. Jahrhundert zunächst eine Kapelle, dann eine prächtige Basilika mit klösterlicher Cella (die Abtei St. Martin entstand daraus) erhob, wurde das von Pilgern bis ins späte Mittelalter angenommene fränkische Nationalheiligtum, die - nach Rom - meistbesuchte Wallfahrtsstätte. Der Frankenkönig Chlodwig (481 - 511) erhob Martin schließlich zum Nationalheiligen und Schutzherrn der fränkischen Könige, die seitdem Martins Mantel in Schlachten (Reichskleinod) mitführten.